Die Lehre

             1. Anatta-Lehre           2. Wiedergeburt 

            1. Die Anatta-Lehre des Buddha

Die Kalligraphie auf dem Intro dieser Website stellt den Zen-Kreis dar: Die Leerheit, die wahre Essenz der Phänomene. Leer von einem festen, unabänderlichen, ewigen, unzerstörbaren Wesenskern...

Dabei bedeutet Leerheit: Leer von inhärenter Existenz, d.h. NICHTS existiert aus sich selbst heraus, also eigenständig. Weder dieser Baum, noch der gefertigte Tisch oder jener Mensch: Alle sind durch entsprechende Ursachen entstanden ( durch Samen, die befruchtet wurden, durch die Arbeit des Tischlers und dem Zusammenfügen der Materialien und durch die Zeugung ).

Und diese Phänomene ändern sich ständig, bis sie irgendwann wieder verschwinden. Deshalb heißt es: Leere ist Form und Form ist Leere.

Besagte Anatta-Lehre verneint die Existenz eines festen, unveränderlichen, autonomen Wesenskerns, einer Seele oder eines Selbst. Das was als " Ich " empfunden wird, gibt es nicht. Es ist lediglich eine Ansammlung von psychischen und physischen Befindlichkeiten, Moment-Empfindungen, die sich laufend verändern.

Ein Beispiel: Du schaust eine Wiese an, doch was ist das Wesen einer Wiese? Du gehst in die Wiese und suchst. Du findest Tausende von Grashalmen von unterschiedlichen Längen, Stärken und Formen. Ferner Wiesenblumen, der Untergrund ist Erde. Die Wiese ist belebt von Insekten, Bienen, Hummeln und Schmetterlingen. Die Erde hat bei Trockenheit Furchen, bei Nässe ist sie geschlossen und glitschig. Je nach den Wetterumständen oder Gegebenheiten verändert sich also die Wiese, ebenso je nach den Jahreszeiten: Frisches Grün im Frühling, es riecht nach Regen, erdenschwer und duftend im Sommer, braun im Winter...Doch Du wirst keinen Wiesen-Wesens-Kern finden, der exakt das Unvergleichliche einer Wiese ausmacht: Nur einzelne Bausteine, einzelne Bestandteile, die von außen betrachtet ein Ganzes, nämlich die Wiese, ergeben...Wie bei uns, den Menschen...

Auch Du bist nicht mehr der Mensch, der Du mit fünf Jahren warst- weder geistig noch physisch: Diese Körperzellen von damals sind längst alle gestorben und durch neue ersetzt...Und trotzdem bist Du die Weiterentwicklung dieses Fünfjährigen...Du bist also der gleiche Mensch und doch nicht derselbe...Aber Du bist dem Wahren Wesen nach leer von einer eigenständigen Existenz. Einer Existenz, die sich selbständig, aus sich heraus manifestieren kann, die unveränderlich, unzerstörbar ist: Dieses Ich, dieses Etwas, ist eine Illusion. Dein Bestehen ist abhängig wie Dein Entstehen von bestimmten Ursachen und Gegebenheiten, die Dich ständig verändern...

Das Anhaften an ein " Selbst  " oder " Ich " führt zu Leiden; deshalb wird man nur frei durch das Aufgeben an dieses Anhaften.

Nach Mahayana-Überzeugung- und Zen ist eine Richtung des Mahayana- bezieht sich die Anatta-Lehre nur auf die 5 Skandhas- also die Erscheinungsformen, nicht jedoch auf das unveränderliche Wahre Selbst, das Buddha-Wesen. Dieses schaut man ausschließlich, wenn man Erleuchtung erlangt...Ich zitiere einige Passagen aus Huang-Po`s ( 770- 850 unserer Zeitrechnung ) " Es gibt nichts zu erreichen: " 

" Unser ursprüngliches Buddhawesen ist leer, allgegenwärtig, still und rein...

...Es gibt nichts außer ihm...

Dieser Dharma...ist reiner Geist, die Quelle von allem...

Mag er formlos oder in irgendeiner Form erscheinen, als ein das ganze Universum Durchdringendes, er ist völlig unterschiedslos. Denn es gibt kein Selbst und kein Anderes..."

Leere oder Leerheit ist somit nur eine andere Bezeichnung für Buddha-Wesen, Urgrund, Unser Wahres Wesen oder meinetwegen Gott. Und diese Leere kann in Za-Zen erfahren werden.  

Ein anderer Übersetzer: " Unser ursprüngliches Buddhawesen ist, vom Standpunkt der höchsten Wahrheit, ohne das geringste Teilchen von Gegenständlichkeit. Es ist leer, allgegenwärtig, still und rein. Es ist herrliche und geheimnisvolle Freude- nichts anderes.

Dringe tief in es ein, indem Du selbst erwachst. Das, was Du in jedem Augenblick vor Dir hast, ist dieses Buddhawesen in all seiner Vollkommenheit- es gibt nichts außer ihm.

Auch wenn Du alle Stufen der Boddhisattva-Entwicklung, eine nach der anderen, zur Buddhaschaft hin durchschreitest, wenn Du dann endlich in einem einzigen Augenblick die vollkommene Verwirklichung erreichst, wirst Du nur das Buddhawesen erfahren, das alle Zeit bei Dir war..." Quelle Huang-Po, um 850 unserer Zeitrechnung.

Christen würden vom " göttlichen Funken " sprechen, der uns allen immanent ist. 

Erleuchtung hebt jedoch nicht das Kausal-Gesetz auf: Schneidet sich ein Erleuchteter in den Finger, blutet er genauso wie ein Unwissender- und er bekommt auch Magenweh, wenn er verdorbenes Essen gegessen hat. 

Der Unterschied ist der, daß er sein Karma durchschaut und sich somit darin frei bewegen kann- und kein neues schlechtes anhäuft.

Durch das Karma-Gesetz sind wir im unaufhörlichen Kreislauf von Geburt und Tod gefangen; unsere Begierden rufen neues Leid hervor, und durch karmische Verstrickungen aus unzähligen Vorleben sind wir für dieses unser Leben konditioniert. Dies haben wir durch unsere Handlungen und Gedanken selbst verursacht- wir haben es also in der Hand, dies zu ändern. Eigenes Bemühen setzt eine Art Spiralbewegung in Gang, und langsam löst man sich aus dem Kreislauf, bis man dann das Nirwana erreicht: Den Ausstieg aus dem Daseins-Kreislauf.

Das wahre buddhistische Zen-Bemühen jedoch zielt darauf, die Erleuchtung zu erreichen, um dann allen Wesen umfassend helfen zu können, anstatt ins Nirwana einzugehen.

Unsere Handlungen in diesem Leben bewirken neues Karma- in diesem Zusammenhang wird dem Buddhismus vorgeworfen, er rechtfertige unhaltbare Zustände oder Diktaturen. Das ist schlicht falsch, er erklärt aber die Entstehung dieser Mißstände. Und nirgendwo wird das Mitgefühl mit leidenden Wesen höher angesetzt als hier: Eines der 10 Gebote lautet sogar: " Du handelst falsch, wenn Du geistige oder materielle Hilfe verweigerst." 

Zen wird manchmal als nihilistisch bezeichnet, was ich absolut falsch finde: Es gibt keine Sinn-Entleerung, keine Ablehnung jeglicher Ordnung, keinen Zweifel am Sinn des Lebens. Der Nihilist verneint, daß irgendeine Religion, Weltanschauung, politische Richtung oder Philosophie Richtschnur für ein sinnvolles Leben sein kann und lehnt somit jedes Engagement ab. Somit steht er vor dem Problem, sein Sinn-loses Leben bis zum Tod irgendwie auszufüllen und landet im Egoismus oder Hedonismus ( Lusterfüllung als Maxime ), was beides den Menschen  schwächt.

Zen dagegen baut den Menschen auf:

Durch Disziplin, Arbeit und Meditation lebt er ein fröhliches, freies Leben- stark und unabhängig von der Meinung und Anerkennung Anderer.

 

       2. Re-Inkarnation oder Wiedergeburt

Seele oder was wird wiedergeboren?

Aus dem oben Dargelegten folgert, daß beim Tod eines Menschen die Form wieder Leere wird. Was aber wird wiedergeboren? Im Zen bleibt das Thema außen vor, und auch Buddha hat gesagt, man solle sich nicht darüber den Kopf zerbrechen.

Eine Seele gibt es nach der Anatta-Lehre nicht- und auch das Buddha-Wesen ist bei der Wiedergeburt an entsprechende Voraussetzungen und Ursachen gebunden. Man kann sagen, daß gewisse karmische Konditionen zusammentreffen müssen. Dann entsteht ein neuer Mensch mit meinem erworbenen Karma. Den Menschen R. gibt es nicht mehr- dafür entsteht ein Mensch N. mit Buddha-Wesen und dem Karma von R.  

Zen-Beispiel der Kerzen...

Nimm eine rote und eine weiße Kerze: Die rote brennt, die weiße nicht. Entzünde mit der roten die weiße Kerze und lösche das Licht der roten Kerze...

Welche Flamme brennt nun auf der weißen Kerze?

Ist das die " rote " oder die " weiße " Flamme oder eine Symbiose von beiden? Eine rot-weiße mit Eigenschaften der roten?

 

Bevor Du weiter darüber nachdenkst, ist es besser, das Bett zu machen und den Geschirrspüler einzuräumen- würde ein Zen-Meister Dir empfehlen...^^ 

Man kann nun sagen, es ist die gleiche Flamme, weil sie einer Kontinuität folgt. Andererseits brennt sie auf einer neuen physischen Grundlage. Sie verbrennt neues Wachs, einen neuen Docht und neue Luftteilchen, neuen Sauerstoff. Somit besteht keine haargenaue Idendität zwischen der alten und neuen Flamme. Sie ist also die gleiche und doch eine andere...

Es wäre falsch zu glauben, mit dem Tod ende auch das psychisch-mentale Leben; ebenso irrig wäre es aber, an ein unzerstörbares Element, eine Seele zu glauben, die den Tod überdauert und wiedergeboren  wird- also eine identische Person wäre mit dem Verstorbenen. Schon das Wort " Wiedergeburt " ist irreführend, es müßte eigentlich " Wiederentstehung " heißen oder auch meinetwegen " Wiederwerden. " Stattdessen sagte der Buddha- obwohl er gelegentlich das Wort " Wiedergeburt " verwendete- sinngemäß, das Wesen oder Subjekt des verlöschten Lebens sei weder genau dasselbe noch völlig verschieden vom Wesen des neuen Menschen...

Wie bei dem Flammen-Beispiel: So kann man das auch bei der Wiedergeburt sehen, ein neuer Mensch- aber mit dem Karma des Verstorbenen...Den Verstorbenen gibt es nicht mehr, nichts bleibt übrig...Der Buddha lehrte, daß drei Bedingungen- vereinfacht gesagt- zusammentreffen müssen, um eine neue Wiedergeburt in Gang zu setzen: Die Vereinigung von Mann und Frau, die Empfänglicheit der Frau und die Anwesenheit des Bewußtseins-Stromes, d.h. des Geistes der verstorbenen Person. Da taucht dann gleich die nächste Frage auf:

Gibt es da dann eine Kausal-Struktur oder geschieht das nach anderen Kriterien, automatisch oder wie sonst? Der Buddha lehrte, daß es eine kausale Struktur gibt und erklärt dies in der Lehre vom Bedingten Entstehen. Dort zeigt er es in der 12-gliedrigen Kette plastisch auf. Grob vereinfacht gesagt ist der Knackpunkt die Unwissenheit, daraus resultierend die Gier, die uns das gesamte Leben über begleitet. Wir schaffen uns durch unsere Handlungen das sog. Karma. Diese karmischen Formations-Kräfte können positiv ( heilsam ), negativ ( unheilsam ) oder neutral sein.   

Im Tod greift der Geistprozeß- weil er begierig ist nach Existenz- nach einem neuen Körper, er nistet sich in einem befruchteten Ei ein: Der Kreislauf im SAMSARA, dem leidvollen Daseinskreislauf, beginnt von Neuem...Das angehäufte Karma ist dann zu bearbeiten- will man nicht ewig im Samsara gefangen bleiben. Es kann durch entsprechende Handlungen verbessert und nach und nach abgetragen werden. Dies lehrt der Buddha- zögern wir nicht, sofort damit zu beginnen...Und seien wir froh und dankbar, von dieser unvergleichlichen Lehre gehört zu haben. 

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